Mühlen-Meilensteine

Schlaglichter aus der Geschichte


Alte Mühle

1405

Die Zisterzienserinnen des Klosters Altenmünster zu Mainz geben Käthchen Schelnhorn aus Frankfurt eine in ihrem Besitz befindliche Mühle in Eschborn zum Lehen. Der erhaltene Pachtvertrag ist die frühste bekannte urkundliche Erwähnung einer Mühle in Eschborn. Ob besagte Mühle an derselben Stelle stand wie die Alte Mühle bleibt ungewiss.


Pachturkunde von 1405 | Hauptstaatsarchiv Wiesbaden

1692

Graf Johann Niclas von Cronberg erteilt dem Müller Julius Stiehl die Erlaubnis, eine Mühle auf gräflichem Grund in Eschborn zu errichten. Der Mühlplatz außerhalb des Dorfes, auf der die Mühle selbst, ein Haus, eine Scheune, Ställe, ein Wasserfall und ein kleines Gärtchen Platz finden sollten, umfasst einen Morgen. Festgelegt wird auch das Dienstgeld, also der Ertrag, den der Müller jährlich an den Grafen abzugeben hatte, sowie das Sonderrecht des Müllers und seiner Nachfahren, frei von Leibeigenschaft zu sein und keine Frondienste leisten zu müssen.


1782

Das Eschborner Kirchenprotokoll prangert die üble Gewohnheit der Eschborner Männer an, in der Mühle "zu Saufen, Schwärmen und zu Spielen an Sonn- und Feiertagen bis in den Morgen". Ein Umstand, über den sich die Eschborner Weiber schon längere Zeit beklagt hätten. Geschuldet waren diese Eskapaden dem Privileg des Eschborner Müllers Korn zu brennen und Branntwein auszuschenken. Ob die zur Hilfe gerufene kurfürstliche Obrigkeit aus Mainz es geschafft hat, diesen Unsitten Einhalt zu gebieten, ist nicht bekannt. 


1789

Der Müller Johannes Bach heiratet in zweiter Ehe die leibeigene Eschbornerin Susanne Katharina Hildmann und untersteht somit selbst auch der Leibeigenschaft. Um sich seine Freiheit wieder zu erkaufen zahlt er stattliche 400 Gulden an die kurfürstliche Regierung in Mainz. In der zugehörigen Korrespondenz ist zu lesen, dass seinerzeit das Mühlrad in Eschborn einen Großteil des Jahres stillsteht. Der Westerbach führt vor allem im Sommer nicht genug Wasser, um die Mühle zu betreiben. Neben dem Mühlbetrieb ist der Hof deshalb auch auf die Ausübung von Landwirtschaft ausgerichtet.


Gemälde der Eschborner Mühle | Anton Radl | um 1830

1888

Nach dem Tod des letzten Müllers Johann Philipp Jakob Wohnbach wird durch dessen Erben die Mühle stillgelegt. Die Familie beschließt, das Anwesen zu verkaufen. Aus einem Grundbucheintrag geht hervor, dass seine Ehefrau und die drei Kinder nach dessen Tod die Mühle und das Anwesen in der "Mühlstrasse 14" erbten. Dort eingetragen: ein Wohnhaus mit Hofraum und Hausgarten, Wiese, Schweinestall, Stallgebäude mit Torbau Scheune und Holzschuppen sowie auf einer gesonderten Parzelle: der Garten und die Gemeindemühle.


1912

Dr. Rudolf Michel, Fabrikant aus Frankfurt und Geschäftsführer der 1908 nach Eschborn übersiedelten Firma Schiele, erwirbt das Mühlengrundstück mit allen Gebäuden. Sein ursprünglicher Plan, das alte Wohnhaus abzureißen und ein neues Haus von herrschaftlichem Ausmaß zu errichten, wird nie umgesetzt. Denkbare Gründe dafür sind der Ausbruch des Ersten Weltkriegs oder die damals schon strengen Auflagen des Denkmalschutzes. Die Familie Michel bezieht ide 1912 fertig gestelle "Villa Luce", das Mühlhaus wird fortan vermietet. 


Mieter des Mühlenhauses | Fotografie um 1920

1925

Im hinteren Teil des Anwesens lässt Dr. Michel ein beheizbares Gewächshaus für sein mit Leidenschaft betriebenes Hobby, die Orchideenzucht, bauen. Neu angelegt sind bereits ein großer Garten mit Obstbäumen sowie ein Park mit vielfältigem Baumbestand. 


Postkarte | Ansicht von der Streuobstwiese | um 1920

1941

Dr. Ing. Alfred Luce, Neffe von Dr. Michel und Erbe der Firma Schiele, wird im Rahmen der Erbfolge Eigentümer der Mühle. Zu dieser Zeit ist die Wohnung im Mühlengebäude weiterhin vermietet. Die Gewächshäuser auf dem Gelände nutzt auch Dr. Luce für die Zucht von Orchideen.


1945

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sind die Wirtschaftsgebäude des Mühlenkomplexes teilweise zerstört. Eine der Scheunen ist abgerissen. Das ehemals geschlossene Bauensemble hat Lücken bekommen.


1946

Die Offiziere, die den amerikanischen Soldatensender AFN leiten, wollen nicht am Sitz des Senders in Frankfurt Höchst wohnen und suchen sich die Villa Luce als Wohnstätte aus. Familie Luce muss die Villa räumen und übersiedelt in das Mühlengebäude, das durch den Einbau eines Bades und die Erneuerung der Küche und der Heizung notdürftig modernisiert wird. Auch nachdem die Amerikaner die Villa wieder freigegeben haben, wohnen die Luces weiterhin in der Mühle.    


1954

Nach dem Tod von Dr. Ing. Alfred Luce, erhält seine zweite Ehefrau Margarete ein lebenslanges Wohnrecht in der Mühle. Die eigentlichen Erben sind die drei Kinder aus erster Ehe.


Das Haupthaus im Schnee | Fotografie aus den 1970er Jahren

2003

Margarete Luce stirbt im stolzen Alter von 99 Jahren. Seitdem ist die Mühle unbewohnt – die Gebäude sind verwaist.


2007

Die Stadt Eschborn erwirbt das gesamte Mühlenanwesen, einschließlich der großzügigen Parkanlage. Im Sommer können Besucher bei einem Tag der offenen Tür erstmals Wünsche für die zukünftige Nutzung des Geländes äußern.


Über die aktuellen Entwicklungen informieren wir Sie in unserem Bauticker »

Danke für Input zu Daten, Fakten und Bebilderung an Gerhard Raiss, Stadtarchivar Eschborn.